ein Kommentar
Eine Tasse Kaffee, ein Frühstückbrötchen, die einschlägige Samstagszeitung – Friede, Freude, Wochenende! Doch Vorsicht, wie so oft trügt der Schein. Die Welt ist voller Überraschungen, wie gerade die besagte Zeitung oft und gerne beweist. Denn hier sind „sie“ zu finden. Manche sind einfach nur jämmerlich, über Andere lacht man sich unfreiwillig schief und dann gibt es noch jene, die es schon fast zu Meisterwerken des schwarzen Humors geschafft haben. Unfreiwillig komisch sind sie alle. Die Rede ist von einer ganz eigenen Spezies von Überschriften.
Erst neulich versetzte der Nordkurier mit der Schlagzeile „Bundeswehr zielt auf unsere Schüler“ seine Leserschaft in Angst und Schrecken. Ebenso wissen die Erlanger Nachrichten von bisher ungeahnten Bedrohungen zu berichten: „Luftangriff kostet Ente das Leben“. Ein Militärputsch? IS auf den Vormarsch? Europa vor Chaos und Verfall? Na, immerhin hält sich die Anzahl der Todesopfer bei einer bemitleidenswerten Ente noch in Grenzen! Doch keine Panik, weder Rekrutierungskampanien, noch Bussarde haben bisher ernsthaften Schaden angerichtet. Die Westfälische Zeitung beschwichtigt dagegen mit der Nachricht „Rechte Hand von IS-Chef Baghadadi getötet“. Über den Verbleib der Linken ist allerdings nichts bekannt.
Lidl versucht unterdessen offenbar alles, um seinen Profit zu steigern und rät dem arglosen Kunden auf der Rückseite einer Flasche: „Seinen Sie Verantwortungsvoll und genießen Sie diesen Wein in Massen“. Ob der Konzern wohl auch schon in Eigenregie, mit ein paar selbsternannten Fachleuten, eine entsprechende Studie zum Thema durchgeführt hat?
Die Rhein-Zeitung weiß dagegen von Gefahren und titelt „Rollerfahrer tödlich verletzt und geflüchtet“. Ob der, noch erstaunlich gut ausgeprägte, Fluchtinstinkt mit einer Furcht vor der, in der Osnabrücker Zeitung beschworenen, „Halbierung der Unfalltoten?“ zusammenhängt, ist offen. Details bleiben da aber vielleicht auch lieber der Phantasie überlassen.
Spätestens bei bahnbrechenden Neuigkeiten wie „Zahnpastadiebe schlagen zu“ (Erlanger Nachrichten) oder „Tanz unter der Linde wird so wichtig wie Tango“ (Erlanger Nachrichten) fragt man sich dann, ob man nicht doch versehentlich ein Satireblatt abonniert hat.
Deutsch scheint ja, wie wir aus den Klagen bemitleidenswerter englischer und französischer Schüler schon längst wissen, tatsächlich eine außerordentlich schwere Sprache zu sein. So schwer, dass deren Hüter selbst, die Journalisten, Schriftsteller und Autoren unseres Landes, sie anscheinend selbst aufgegeben haben. Früher, wo natürlich alles besser war, da gab es so etwas wie „Korrekturleser“, die sich vor dem Druck des Lokalblattes noch einmal Nachricht um Nachricht vornahmen, um auch kleinste Fehler auszumerzen. Aber wer braucht denn noch den Menschen? Wir haben doch Computer, die bekanntermaßen ja alles besser, schneller und sorgfältiger erledigen, als wir es in unseren kühnsten Träumen könnten. Und überhaupt, was ist eigentlich so schlimm daran, dass jemand eine „geringfügige Reinigungskraft“ (Kleinanzeige im Harzer Panorama am Sonntag) sucht? Was wäre unsere morgendliche Frühstückslektüre nicht ohne diese kleinen, spannenden Momente der Verwirrung? Langweilig vermutlich, wie der Inhalt des Artikels und der Rest des Weltgeschehens sowieso, man denke nur an die Zahnpastadiebe. Ich wünsche allseits gute Unterhaltung, seinen Sie gespannt und genießen Sie diese einzigartige Kunstform des Journalismus, anstatt beim Frühstück lieber gemütlich auf dem Sofa, mit einem guten Wein von Lidl, in Massen.
Kommentare von Lucia